Aufgabe: Akteure und Anwendungsfälle suchen
Mit dieser Aufgabe werden Akteure und Anwendungsfälle für die Unterstützung der zu implementierenden Anforderungen bestimmt. Mit der Bestimmung der Akteure und Anwendungsfälle wird der Umfang des Systems explizit definiert.
Zweck

Diese Aufgabe hat die folgenden Zielsetzungen:

  • Rahmen des Systems definieren - was wird vom System und was wird außerhalb des Systems bearbeitet
  • Definieren, wer und was mit dem System interagiert
  • Funktionalität des Systems skizzieren
Beziehungen
Hauptbeschreibung

Eine sehr hilfreiche Technik, mit der die Akteure und Anwendungsfälle ermittelt werden können, ist die Veranstaltung eines Anwendungsfall-Workshops.

Schritte
Akteure finden

Das Suchen von Akteuren ist einer der ersten Schritte bei der Definition der Systemverwendung. Jeder Typ von externer Erscheinung, mit der das System interagieren muss, wird durch einen Akteur dargestellt. Zum Ermitteln der Akteure müssen Sie die folgenden Fragen beantworten:

  • Welche Benutzergruppen benötigen Hilfe vom System, um ihre Aufgaben auszuführen?
  • Welche Benutzergruppen sind erforderlich, um die ganz offensichtlichen Hauptfunktionen des Systems auszuführen?
  • Welche Benutzergruppen sind erforderlich, um sekundäre Funktionen wie Systemwartung und -administration auszuführen?
  • Interagiert das System mit externer Hardware oder Softwaresystemen?

Jede Einzelperson, Gruppe oder Erscheinung, die in eine oder mehrere diese Kategorien passt, kommt als Akteur in Frage.

Um festzustellen, ob Sie die richtigen Akteure (Personen) haben, können Sie versuchen, zwei oder drei Personen zu benennen, die als Akteure in Frage kommen, und dann prüfen, ob die vorhandenen Akteure die Anforderungen bewältigen können. Weitere Informationen dazu, was einen Akteur ausmacht, finden Sie in der Richtlinie 'Akteur'.

Die am besten geeigneten Akteure zu finden, kann sich zunächst schwierig gestalten, und wahrscheinlich finden Sie nicht alle Akteure sofort, weil Sie noch nicht alle Anwendungsfälle gefunden haben. Die Arbeit mit Anwendungsfällen ist die einzige Möglichkeit, die Ihnen einen tieferes Verständnis für die Systemumgebung und ihre Interaktion mit dem System liefert. Wenn Sie diesen Punkt erreicht haben, werden Sie unter Umständen Ihr ursprüngliches Modell überarbeiten, weil die Tendenz besteht, zu Beginn zu viele Akteure zu modellieren. Gehen Sie beim Ändern von Akteuren sorgfältig vor. Änderungen können sich auch auf die Anwendungsfälle auswirken. Alle Änderungen, die Sie bei den Akteuren vornehmen, ziehen beträchtliche Änderungen bei den Systemschnittstellen und beim Systemverhalten nach sich. Wenn Sie ein Geschäftsanwendungsfallmodell und ein Geschäftsanalysemodell entwickelt haben, können Sie diese als Quellen für die Bestimmung der Hauptakteure verwenden.

Gefundene Akteure benennen und kurz beschreiben

Der Name des Akteurs muss die Rolle des Akteurs eindeutig bezeichnen. Stellen Sie sicher, dass kein Risiko besteht, dass die Akteurnamen verwechselt werden.

Definieren Sie jeden Akteur mit einer kurzen Beschreibung, die den Zuständigkeitsbereich des Akteurs enthält und erläutert, wofür der Akteur das System benötigt. Da Akteure Dinge außerhalb des Systems darstellen, müssen Sie sie nicht detailliert beschreiben. Lesen Sie auch den Abschnitt "Kurzbeschreibung" in der Richtlinie 'Akteur'.

Anwendungsfälle suchen

Wenn Ihre erste Skizzierung der Akteure fertig gestellt ist, suchen Sie nach den Anwendungsfällen für das System. Die ersten Anwendungsfälle sind nur sehr grob und müssen zweifellos mehrfach geändert werden, bis sie stabil sind. Wenn Vision oder Anforderungen für das System Mängel aufweisen oder die Systemanalyse vage ist, ist die Funktionalität des Systems nicht eindeutig. Deshalb müssen Sie sich ständig fragen, ob Sie die richtigen Anwendungsfälle gefunden haben. Außerdem müssen Sie darauf vorbereitet sein, Anwendungsfälle hinzuzufügen, zu entfernen, zu kombinieren und wieder zu trennen, bis Sie schließlich eine endgültige Version haben. Sie werden die Anwendungsfälle besser verstehen, nachdem Sie sie detailliert beschrieben haben.

Die beste Methode für die Bestimmung der Anwendungsfälle ist zu fragen, was die einzelnen Akteure vom System fordern. Denken Sie daran, dass das System nur für seine Benutzer existiert und deshalb auch auf die Bedürfnisse der Benutzer abgestimmt sein muss. Sie werden viele Bedürfnisse der Akteure über die funktionalen Anforderungen, die an das System gestellt werden, wiedererkennen. Stellen Sie sich für jeden Akteur, ob Person oder nicht, die folgenden Fragen:

  • Welche sind die Hauptaufgaben, die das System laut Akteur leisten soll?
  • Erstellt, speichert, ändert, entfernt oder liest der Akteur Daten im System?
  • Muss der Akteur das System über plötzliche, externe Änderungen informieren?
  • Muss der Akteur über bestimmte Vorkommnisse im System informiert werden?
  • Soll der Akteur Systemstarts und -stopps ausführen?

Die Antworten auf diese Fragen stellen den Ablauf von Ereignissen dar, auf deren Basis die Anwendungsfälle bestimmt werden können. Nicht alle Ereignisse stellen eigene Anwendungsfälle dar. Einige können als Varianten desselben Anwendungsfalls modelliert werden. Es ist nicht immer einfach zu sagen, was eine Variante und was ein eigenständiger, eindeutiger Anwendungsfall ist. Es wird jedoch klarer, wenn Sie den Ablauf der Ereignisse detailliert beschreiben.

Neben den Anforderungen ist ein Unternehmensmodell Ihrer Organisation (oder auch Geschäftsmodell) eine wertvolle Quelle für die Bestimmung von Anwendungsfällen. Das Unternehmensmodell beschreibt, wie das Informationssystem in vorhandene Operationen eingebunden werden kann, und gibt Ihnen damit eine Vorstellung über das Umfeld des Systems. Da das Unternehmensmodell die Geschäftsobjekte des Unternehmens enthält, finden Sie dort auch die Konzepte, die definiert werden müssen. Wenn Sie dem Workflow für die  Geschäftsmodellierung  gefolgt sind, besitzen Sie ein Geschäftsanwendungsfallmodell und ein Geschäftsanalysemodell, die Sie als Eingabe verwenden können.

Ein System kann mehrere Anwendungsmodelle haben. Das "optimale" Modell lässt sich am einfachsten finden, indem zwei oder drei Modelle erstellt werden, dann das bevorzugte ausgewählt und dieses dann weiter entwickelt wird. Die Entwicklung mehrerer alternativer Modelle hilft Ihnen ebenfalls, das System besser zu verstehen.

Nachdem Sie das erste Anwendungsfallmodell skizziert haben, müssen Sie sicherstellen, dass das Anwendungsfallmodell alle funktionalen Anforderungen berücksichtigt. Untersuchen Sie die Anforderungen sorgfältig, um sicherzustellen, dass mit den Anwendungsfällen alle Anforderungen abgedeckt werden.

Weitere Informationen dazu, was ein Anwendungsfall ist und wie Sie sie finden, finden Sie in der Richtlinie 'Anwendungsfallmodell' und in der Richtlinie 'Anwendungsfall'.

Gefundene Anwendungsfälle benennen und kurz beschreiben

Jeder Anwendungsfall muss einen Namen haben, der Aufschluss darüber gibt, was durch die Interaktionen mit den Akteuren erreicht wird. Der Name kann zum besseren Verständnis aus mehreren Wörtern bestehen. Es ist nicht zulässig, denselben Namen für zwei Anwendungsfälle zu verwenden. Lesen Sie hierzu den Abschnitt "Name" in der Richtlinie 'Anwendungsfall'.

Definieren Sie jeden Anwendungsfall, indem Sie ihn kurz beschreiben. Verwenden Sie für die Beschreibung das Glossar und definieren Sie bei Bedarf neue Konzepte. Lesen Sie außerdem den Abschnitt "Kurzbeschreibung" in der Richtlinie 'Anwendungsfall'.

Ereignisablauf skizzieren

An diesem Punkt sollten Sie auch einen ersten Entwurf des Ablaufs der Ereignisse im Anwendungsfall schreiben. Beschreiben Sie den Ereignisablauf jedes Anwendungsfalls in kurzen Sätzen. Gehen Sie dabei aber nicht ins Detail. Die Person, die den Anwendungsfall später spezifiziert, auch wenn Sie selbst sind, benötigt diese schrittweise Beschreibung. Beginnen Sie damit, den Basisereignisablauf zu skizzieren, und fügen Sie alternative Abläufe hinzu, sobald Einigung über den Basisablauf besteht.

Beispiel:

Eine erste schrittweise Beschreibung des Ereignisablaufs für den Anwendungsfall "Artikel recyceln" in einem System für eine Recycling-Maschine können wie folgt aussehen:

  • Der Kunde drückt die Taste "Start".
  • Der Kunde legt die Pfandartikel ein.
  • Das System überprüft den Typ der eingelegten Pfandartikel.
  • Das System erhöht die Gesamtsumme der an diesem Tag erhaltenen Artikel für den jeweiligen Typ.
  • Der Kunde drückt die Taste "Beleg".
  • Das System druckt den Beleg.
Zusätzliche Anforderungen erfassen

Einige Anforderungen des Systems können nicht in bestimmten Anwendungsfällen erfasst werden. Erfassen Sie solche Anforderungen in den ergänzenden Spezifikationen (siehe Ergänzende Spezifikationen).

Beschreiben, wie Akteure und Anwendungsfälle interagieren

Da es wichtig ist zu zeigen, in welcher Beziehung Akteure und Anwendungsfälle zueinander stehen, müssen Sie beim Ermitteln eines Anwendungsfalls festlegen, welche Akteure mit dem Anwendungsfall interagieren. Hierfür müssen Sie eine gerichtete Kommunikationsassoziation definieren, die dieselbe Richtung hat wie die Signalübertragung zwischen Akteur und Anwendungsfall.

Signalübertragungen erfolgen normalweise in beide Richtungen. Wenn dies der Fall ist, müssen Sie die Kommunikationsassoziation in beide Richtungen navigierbar gestalten. Definieren Sie maximal eine gerichtete Kommunikationsassoziation für jedes Akteur/Anwendungsfall-Paar.

Geben Sie für jede gerichtete Kommunikationsassoziation eine kurze Beschreibung ein.

Weitere Informationen zu gerichteten Kommunikationsassoziationen finden Sie in der Richtlinie für Arbeitsergebnis: Gerichtete Kommunikationsassoziation.

Anwendungsfälle und Akteure packen

Wenn die Anzahl der Akteure oder Anwendungsfälle zu hoch wird, teilen Sie die Akteure und Anwendungsfälle auf Anwendungsfallpakete auf, um die Verwaltung des Anwendungsfallmodells zu vereinfachen. Dies macht das Anwendungsfallmodell übersichtlicher und vereinfacht die Zuordnung von Zuständigkeiten im Anwendungsfallmodell, weil Sie Entwicklern die Zuständigkeit für Pakete von Anwendungsfällen oder Akteuren zuweisen.

Es gibt alternative Methoden zu Packen von Anwendungsfällen, wenn

  • sie mit demselben Akteur interagieren,
  • Einschluss- oder Erweiterungsbeziehungen untereinander haben,
  • alle optional sind und vom System nur als Ganzes oder gar nicht angeboten werden.

Darüber hinaus gibt es noch viele andere Möglichkeiten. Damit das Modell jedoch intuitiv bleibt, ist es wichtig, eine klare Strategie für das Packen zu verfolgen.

Weitere Informationen zu Anwendungsfallpaketen finden Sie in der Richtlinie 'Anwendungsfallpaket'.

Anwendungsfallmodell in Diagrammen darstellen

Sie können die Beziehungen zwischen Anwendungsfällen und Akteuren sowie zwischen zusammengehörigen Anwendungsfällen in Diagrammen des Anwendungsfallmodells veranschaulichen. Diese Diagramme können Folgendes darstellen:

  • Akteure, die zu demselben Anwendungsfallpaket gehören.
  • Einen Akteur und alle Anwendungsfälle, mit denen der Akteur interagiert.
  • Anwendungsfälle, die dieselben Informationen behandeln.
  • Anwendungsfälle, die von derselben Gruppe von Akteuren verwendet werden.
  • Anwendungsfälle, die häufig nacheinander ausgeführt werden.
  • Anwendungsfälle, die zu demselben Anwendungsfallpaket gehören.
  • Die wichtigsten Anwendungsfälle. Ein Diagramm dieses Typs kann als Zusammenfassung des Modells dienen und eignet sich für die Integration in die Anwendungsfallsicht.
  • Die Anwendungsfälle, die zusammen (in demselben Inkrement) entwickelt wurden.

Jedes Diagramm muss einem entsprechenden Paket im Anwendungsfall zugeordnet sein.

Weitere Informationen zu Anwendungsfalldiagrammen finden Sie in der Richtlinie 'Anwendungsfalldiagramm'.

Übersicht über das Anwendungsfallmodell entwickeln

In diesem Schritt entwickeln Sie die Übersicht (Beschreibung) über das Anwendungsfallmodell. Ihre Übersicht muss Folgendes enthalten:

  • Typische Reihenfolge, in der die Anwendungsfälle von Benutzern verwendet werden.
  • Funktionalität, die vom Anwendungsfallmodell nicht abgedeckt wird.

Weitere Informationen zur Übersicht über das Anwendungsfallmodell finden Sie im Abschnitt zur Übersicht in der Richtlinie 'Anwendungsfallmodell'.

Ergebnisse auswerten

In diesem Stadium sollten Sie das Anwendungsfallmodell prüfen, um sicherzustellen, dass Sie mit der Arbeit auf dem richtigen Weg sind, aber das Modell nicht im Detail untersuchen. Sie sollten das Anwendungsfallmodell auch prüfen, während Sie es bearbeiten. In der  Prüfliste 'Anwendungsfallmodell' finden Sie spezielle Informationen dazu, auf was Sie achten müssen.

Es ist wichtig, dass Personen außerhalb des Entwicklungsteams (z. B. Benutzer und Kunden) das Anwendungsfallmodell in diesem Stadium genehmigen. Deshalb müssen Sie die Benutzer und Kunden in die Prüfung des Anwendungsfallmodells einbeziehen, bevor Sie diese Aufgabe abschließen. Sie können die Übersicht über das Anwendungsfallmodell und die zugehörigen Anwendungsfalldiagramme, die Sie zuvor erstellt haben, als Anleitung in Ihren Diskussionen verwenden.

Die interessierten Parteien müssen feststellen,

  • ob alle erforderlichen Anwendungsfälle identifiziert wurden,
  • ob alle nicht erforderlichen Anwendungsfälle identifiziert wurden,
  • ob das Verhalten jedes Anwendungsfalls die richtige Reihenfolge aufweist,
  • ob der Ereignisablauf jedes Anwendungsfalls vollständig ist, wie es für dieses Stadium erwartet werden könnte,
  • ob die Übersicht das Anwendungsfallmodell verständlich macht.
Eigenschaften
Mehrere Vorkommen
Ereignisgesteuert
Fortlaufend
Optional
Geplant
Wiederholt anwendbar
Wichtige Hinweise
Einen Fragebogen zum Anwendungsfallmodell können Sie generieren lassen. Weitere Informationen hierzu finden Sie in den Abschnitten Bericht: Fragebogen zum Anwendungsfallmodell und Toolmentor: Mit Rational SoDA einen Fragebogen zum Anwendungsfallmodell erstellen.
Weitere Informationen